Bekannt geworden ist sein Name in Deutschland durch Truck Stop und deren Superhit "Ich möchte´ so gern Dave Dudley hör´n, Hank Snow und Charley Pride". Seine Musik wartete bisher vergeblich darauf, hierzulande von der breiten Öffentlichkeit entdeckt zu werden. Das könnte und sollte sich ändern.... Denn Charley Pride schaffte es in seiner Heimat zum Superstar und das als Farbiger in einer vermeintlich "weißen Musik".
Man mag es kaum glauben aber anfangs wurde bewusst verheimlicht, das Pride ein Farbiger ist. 1963 gastierten die Country Stars Red Sovine und Red Foley in Helena, Montana. Charley Pride gelang bis zu ihnen in die Garderobe, griff zur Gitarre und sang ihnen etwas vor. Die waren von Prides "gnadenloser" Country-Stimme so angetan, dass sie ihn ermutigten, nach Nashville zu kommen. Es dauerte zwar nahezu 2 Jahre bis er dort auftauchte aber auch Chet Atkins griff sofort zu und verpflichtete Charley Pride für RCA Victor. Seine erste Single freilich erschien ohne ein Bild von ihm auf dem Cover - man befürchtete, bei den Medien auf Ablehnung zu stoßen wenn man in der Country Music einen Farbigen präsentierte. Das seinerzeit noch dominierende Radio erwies sich als Segen, denn dort war nur die Stimme ausschlaggebend. Und die überzeugte die Country Fans, denen die Hautfarbe dieser großartigen Stimme offenbar egal war. Der märchenhafte Aufstieg eines aus armseligen Verhältnissen stammenden farbigen Country Stars zum "Country Entertainer des Jahres" und Superstar hatte begonnen....
Als eines von 11 Kindern wurde Charley Pride am 18. März 1938 in Sledge geboren. Daheim im Mississippi Delta ermutigten ihn seine Eltern, Träume zu haben und diese zu verwirklichen. Es zumindest zu versuchen. Die mögen selbst nicht geglaubt haben, wie sehr sich ihr Sprössling daran hielt. Das zeigte sich schon bei seiner musikalischen Vorliebe, denn von Kindesbeinen an zog es ihn zur Country Music hin. Wenn die anderen Arbeiter in den Baumwollfeldern Blues sangen, hörte man von Charley Pride die Songs seiner Country-Idole.
Doch der körperlich kräftige Bursche hatte eine zweite Leidenschaft: Sport. Insbesondere der Baseball machte ihm Spaß. Es war ein möglicher Weg aus der Armut. Pride spielte Mitte der 50er Jahre in der Negro American League für die Detroit Stars und die Memphis Rex Sox. Es waren entscheidende Jahre für den künftigen Country-Entertainer, in denen er nicht nur den Wehrdienst ableistete sondern auch seine Frau Rozene zum Standesamt führte, mit der er heute noch verheiratet ist.. Sportlich wurde er vor eine grundsätzliche Entscheidung gestellt als es bei den New York Mets nicht klappte. Nachdem er im Baseball keine wirkliche Möglichkeit mehr sah, ins lukrative große Profigeschäft aufzusteigen, wandte er sich der Musik zu. Alles, was er dazu gebraucht hatte, war jener denkwürdige Tag in Montana und die Ermutigung zweier der seinerzeit beliebtesten Vertreter ihrer Zunft.
Seine Zukunft sah er in Nashville. Dort lernte er den innovativen Produzenten Jack Clement kennen, der mit ihm zwei Demos aufnahm: "The Snakes Crawl At Night" und "Atlantic Coastal Line" Am 28. September 1965 unterschrieb Pride bei RCA Victor und im Dezember 1965 erschien mit "The Snakes Crawl At Night" seine erste Single. Aber noch tat er sich schwer, denn - wie erwartet - boykottierten manche DJ´s ihn aufgrund seiner Hautfarbe. Man hatte es doch nicht verheimlichen können. Doch es sollte nur eine wirkungslose Bremse sein, denn Charley Pride war nicht mehr aufzuhalten. Schon mit der nächsten Single "Just Between You And Me" tauchte er erstmals in den Top Ten auf. Willie Nelson - damals noch kein Superstar - nahm ihn mit auf Tour, die Legende Ernest Tubb stellte Charley Pride in der Grand Ole Opry vor, deren Mitglied er übrigens viel später, am 1. Mai 1993 wurde..
Die Welle der Sympathie, die diesem unkomplizierten und kontaktfreudigen Künstler entgegen schwappte, hatte Niemand erwartet. So war es nur eine Frage der Zeit, wann er seine erste Nummer 1 verbuchen konnte. Das geschah Mitte 1969 mit "All I Have To Offer You (Is Me)". Nahezu jede seiner folgenden Singles stand an der Spitze: "Afraid Of Losing You Again" - "Is Anybody Going To San Antone" - "Wonder Could I Live There Anymore" - "I Can´t Believe That You´ve Stopped Loving Me" - "I´d Rather Love You" - "I´m Just Me" - "Kiss An Angel Good Morning" (sein vielleicht weltweit beliebtester Hit) - "It´s Gonna Take A Littler Bit Longer" - "She´s Too Good To Be True" - "A Shoulder To Cry On" - "Don´t Fight The Feelings Of Love" - "Amazing Love" ..... Insgesamt brachte Pride bis 1973 sagenhafte 29 #1 Hits zustande. Über 40 seiner Alben standen in den Charts und nur Elvis Presley verkaufte mehr Schallplatten für das Label...
Erst 1988 ebbte seine Erfolgswelle ab. Zwei Jahre zuvor hatte er sich von RCA Victor getrennt. Nicht ganz einvernehmlich, doch es wurde keine schmutzige Wäsche gewaschen. Sachlich äußerte er sich dazu so: "Ich gehörte immer zu den traditionellen Sängern, RCA Victor wollte einen anderen Weg gehen. Ich hatte das Gefühl, man stand nicht mehr hinter mir. Es war so als ob man mir den Boden unter den Füßen wegzog. Man kam meiner Bitte um Entlassung aus dem Vertrag sofort nach." Charley Pride wollte seinen Stil nicht verändern, das - so betonte er - sei er seinen treuen Fans einfach schuldig. RCA Victor hingegen bemerkte sinkende Verkaufszahlen natürlich und setzte, wie fast alle großen Labels, stärker auf die Jugend.
Charley Pride erkannte die Zeichen der Zeit, denn denen konnte sich kaum ein Künstler entziehen. Egal wie große Erfolge die Vergangenheit gezeitigt hatte, irgendwann sind die Abnutzungserscheinungen da. Sorgen musste sich der Entertainer des Jahres 1971 nicht machen. Bei diversen anderen Firmen erschienen auch nach der RCA-Zeit weiter seine Alben. Als Live Act blieb der "Nat King Cole der Country Music" weiter im Geschäft. Auch als Geschäftsmann hatte er sich als clever genug erwiesen, keinen Schiffbruch zu erleben wie so mancher seiner großen Kollegen. Das mag daran gelegen haben, dass er seinen Lebens- und Geschäfts-Mittelpunkt nie nach Nashville verlegte sondern in die texanische Metropole Dallas. Dort leben auch seine drei Kinder, die Söhne Kraig und Dion sowie Tochter Angela mit ihren Familien. Nie hat er seine Herkunft vergessen. Zitat: "Obwohl ich den Erfolg genieße denke ich immer daran, dass ich einmal Baumwollpflücker war. Ich habe noch dieselben Hände und Füße und dasselbe Herz. Ich bin ein Mensch wie alle anderen auch, nur mit einer guten Stimme gesegnet!" Und über die schrieb schon zu Beginn seiner Karriere ein Journalist "Wenn jemals eine Stimme dazu bestimmt war, Country Music zu singen, dann die von Charley Pride!" Das dachte wohl auch der damalige Präsident Bill Clinton und holte ihn für ein Christmas Special ins Weiße Haus nach Washington, D.C.
Auch die Schattenseiten des Erfolges sind Charley Pride nicht fremd. Das Leben in der Öffentlichkeit, die Erfordernisse des Show Business an einen Publikumsliebling bleiben nicht in den Klamotten hängen. Die Gesundheit des Mannes, der 1994 von der Academy of Country Music mit dem "Pioneer Award" ausgezeichnet und 2000 von der Country Music Association in die Hall of Fame aufgenommen wurde, spielte nicht mehr mit und zwang den "workaholic" dazu, kürzer zu treten. Auch dieser Herausforderung stellte sich Pride, zog die Konsequenzen und zeigt sich inzwischen deutlich erholt. Ein Charley Pride mit seinen Erfolgen und Ehrungen muss Niemandem mehr etwas beweisen, er kann es ruhiger angehen lassen. Mehr als 70 Millionen verkaufter Alben, 31 Goldene und 4 Platin LPs (eine davon sogar 4fach Platin) sprechen für sich! Übrigens die allermeisten davon noch in einer Zeit bevor mit Country Alben gigantische Verkaufszahlen erzielt wurden.
Vielleicht schafft er es ja noch einmal nach Deutschland, das er schon während seiner Militärzeit kennen gelernt hat. Im Gespräch ist er immer zu einem Scherz aufgelegt, da hat er oft den Schalk im Nacken sitzen. Auf der Bühne zieht er alle Register, da weiß er genau, was das Publikum von ihm erwartet und er ihnen schuldig ist. Der Mann hat Charisma, schöft aus einem schier unergründlichen Repertoire an eigenen Hits, benötigt keine technischen Show-Effekte und wirkt als kompletter Unterhalter mit einnehmender Persönlichkeit.
Auf das Altenteil setzen will und wird er sich noch längst nicht. Im Gegenteil, mit einem neuen Album, das in diesen Tagen auch in Deutschland veröffentlicht wird, macht Charley Pride ganz deutlich, dass die Country Music auf einen Künstler seines Formates nicht verzichten kann.