Er gilt als Aushängeschild der deutschen Countryszene: Gunter Gabriel. Der Songwriter und Sänger mit der tiefen Stimme wurde vor allem durch Songs wie “Komm unter meine Decke” oder “Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld” bekannt. Wie kaum ein anderer Künstler verkörpert Gunter Gabriel das Image des rauen Countrysängers. Der Sänger und Songschreiber kann auch privat auf ein bewegtes Leben zurückblicken, in dem er alle Höhen und Tiefen kennengelernt hat; beste Voraussetzung, um Lieder zu schreiben, die mitten aus dem Leben kommen. Nicht zuletzt aufgrund seiner persönlichen Erlebnisse hat er sich als fleißiger und erfolgreicher Songwriter einen Namen gemacht. Über 500 Kompositionen, unter anderem für Tom Astor, Jonny Hill, Peter Maffay, Juliane Werding, Peter Alexander und Udo Jürgens, kann Gabriel vorweisen. “Hey, Boss, ich brauch’ mehr Geld”, ist nur einer der Songs, die man mit Gunter Gabriel verbindet. Auch mit “Komm unter meine Decke” konnte er einen nationalen Hit verzeichnen. Amerikanische Country-Seligkeit brachte Gabriel in deutsche Wohnstuben und traf damit in die Herzen einer großen Fangemeinde, die seine Geschichten vom kleinen Mann und seinen Sorgen sehr gut nachvollziehen konnte. Das vor allem machte ihn zum “deutschen Johnny Cash”, der seine Lieder auch immer dem einfachen Arbeiter widmete. Gabriel überzeugte sein Vorbild von seinen Fähigkeiten und lernte sein Idol sogar näher kennen. Bei Konzerten in Deutschland wurde Gabriel auf die Bühne gebeten, um mit Johnny Cash zu singen. Sein persönlicher Ritterschlag, wie er oft beteuert.
Gunter Gabriel, der am 11. Juni 1942 in Bünde (Westfalen), das Licht der Welt erblickte, kommt aus einer Arbeiterfamilie. Der Großvater Klempner, die Großmutter Zigarrenmacherin. Bünde in Westfalen – das Zentrum der deutschen Zigarrenindustrie. Fünf Jahre nach Gunters Geburt stirbt seine Mutter an einer Abtreibung. Eine traumatische Erfahrung. Eine rauhe Kindheit beginnt. In der kleinen Wohnung mit dem Vater und der kleinen Schwester wird wenig gelacht. Der Vater ist Schrankenwärter bei der Bahn, dann Polizist, Weichensteller. Ein für alle unnahbarer, brutaler und unnachsichtiger Mann. Das Jugendamt ist ständiger Gast im Hause. Mit elf Jahren kommt Gunter 1953 bei einem Autounfall beinahe ums Leben. Er liegt ein Jahr im Krankenhaus. Wundstarrkrampf (Tetanus) – eine tödliche Krankheit. Als er nachts ins Sterbezimmer geschoben wird, überlebt er dennoch wider Erwarten der Ärzte. Ein erstaunter Satz einer Krankenschwester soll ihn sein Leben lang begleiten: Ich glaube, der liebe Gott hat noch ‘ne Menge mit Dir vor! Die Volksschule muß Gunter auf Druck des Vaters vorzeitig verlassen, um endlich sein eigenes Geld zu verdienen. Nach einer Lehre als Schlosser bricht er zunächst aus und treibt sich in Italien, Frankreich und Österreich herum, macht alles, was irgendwie Geld bringt: Schrottschweißer im Hafen von Savonna, Möbelpacker und –Träger in Marseille, Kanalarbeiter in München (Holzmann AG), Truck- und Bierfahrer in Hannover (Gilde Brauerei).
Um gegen die vom Vater eingepflanzten Minderwertigkeitsgefühle anzugehen und es ihm zu beweisen, studiert er über den 2. Bildungsweg (Fachabitur) in Hannover Maschinenbau. Wird Pressesprecher der Studentenschaft. Um sein Studium zu finanzieren, singt und spielt er bei Events in der Umgebung, in Kunstgalerien, bei Vernissagen und Casting-Shows (damals bekannt: Je-ka-mi – Jeder kann mitmachen). Nach 6 Semestern hat er es dicke. Vor dem Schlußexamen kapituliert er und entscheidet sich für seine musischen Neigungen. Inzwischen verheiratet mit Gabriele (die ihm seinen Künstlernamen gab), versucht er sich zunächst als Discjockey in diversen Clubs in und um Hannover, später in München, Mailand, Frankfurt. Er wird schließlich angeheuert als Promoter bei einer der größten Plattenfirmen: CBS (heute Sony). Er begleitet Champion Jack Dupree, Carlos Santana, Shicken Shack und auch Johnny Cash zu TV-Einsätzen. Lernt auch deutsche Künstler kennen – so Costa Cordalis, Bernd Spier, Roberto Blanco, Mary Roos. Und so bekommt er Kontakt zu einer der größten Produktionsfirmen und Musikverlage in Deutschland: Hansa. In dieser Firma werden Songschreiber gesucht. Und er bekommt einen Deal mit Thomas Meisel, dem Entdecker von Frank Fahrian und später Dieter Bohlen. Jetzt heißt es, Songs zu schreiben auf Kommando. Sein allererster veröffentlichter Song ist so auch einer für Rex Gildo, der damals von Thomas Meisel produziert wurde. Immerhin hatte er eine Familie, Gabriele und inzwischen eine Tochter, Yvonne.
Obwohl er für Schlagerleute schreiben mußte, sucht er nach einem ihm ganz eigenen Stil. Er wollte keine leichte Kost, er wollte Männer-Songs schreiben. Und so kam er über Kris Kristoffersons legendären Janis-Joplin-Hit “Me And Bobby McGee” (Freiheit ist ein Abenteuer) und Bob Dylans großen Johnny Cash-Hit “Wanted Man” (Ich werd gesucht in Bremerhaven) zu seinen eigenen Hits. Der Fernfahrer-Song “Er ist ein Kerl” (30-Tonner Diesel) folgt, dafür gab es die Goldene Europa 74. Die Trophäe flog später bei einem ehelichen Streitgefecht (1992 in Münster) durch die geschlossene Haustür aus Glas auf die Straße und wurde nie mehr gefunden. Es gab aber auch vom “Bund deutscher Fernfahrer” den Trucker h. c. – den Ehrendoktor. Gabriel hatte nach diversen Experimenten seinen eigenen Stil gefunden: Deutsche Country Musik – ohne amerikanische Cowboyromantik und Wildwest-Kitsch. Es war deutschsprachiger, engagierter bis kritischer Country-Rock. “Hey Boss, ich brauch mehr Geld” war der endgültige Durchbruch.
Nun schreibt er verschärft und vermehrt für prominente Künstler: Juliane Werding (Wenn Du denkst, dann denkst Du nur, Du denkst), für Frank Zander, der eine Zeitlang sein Gitarrist und Mitkomponist war (Ich trink auf Dein Wohl, Marie). Er schreibt für Wencke Myhre und Peter Petrel, für Elke Best und Siw Inger, für Peter Alexander und Dieter Hallervorden, macht ein Duett mit Manfred Krug und Trude Herr. Er schreibt für Tom Astor und Johnny Hill, für die Zillertaler Schürzenjäger (Flensburg, gib mir meine Pappe wieder) und für den Hamburger Fußballverein den berühmtesten Fußballersong: “Wer wird deutscher Meister? H-H-H-HSV”. Es folgen Fernsehauftritte in den USA mit Johnny Cash und Tom T. Hall. Er bekommt sogar von der ARD-Bayern eine eigene TV-Show über 2 Jahre: Country Music mit Gunter Gabriel.
Der große Absturz kommt. Als Anlage- und Vermögensverwalter seine Gelder – Tantiemen und Gagen – fehl verwalten und er plötzlich nackt da steht. Von einem zum anderen Tag war keine müde Mark mehr da. Finanzamt und Gläubiger jagen ihn. Seine 1. Ehe, längst gescheitert; seine 2. Ehe nur ein Jahr alt; seine 3. Ehe wurde ein Desaster. Er verkriecht sich auf die Autobahn. Die kennt er. In einem Wohn-Truck verbringt er ganze 5 Jahre. Aber er kriegt langsam und stetig seine Sache hin. Obwohl, der Alkohol als stiller Tröster, hatte lange Zeit die Hand mit im Spiel. 1989 schafft er eine Klasse Scheibe, die Kult werden sollte: Dieselknechte. Geschrieben in einer alten Reparaturwerkstatt hinterm Hauptbahnhof in Hannover. Ein alter Freund hatte ihm Unterschlupf gewährt. Er verkauft 100.000 Einheiten. Und kann mit dem Geld viele Gläubiger ruhig stellen. Er macht wieder regelmäßig Shows mit seiner Band Nashville Playboys – die ihm im übrigen immer beigestanden haben, wenn er mal wieder “aus der Rolle” fiel, durch all seinen Frust. Und er konnte immer mit dem Wohlwollen seiner Fans rechnen, die in ihm einen ehrlichen und aufrichtigen Mann sahen. Sein größtes Kapital!
1995 kommt er nach Hamburg, nachdem alle Probleme gelöst sind. Verkauft er seine inzwischen diversen Wohnmobile und Wohnwagen und mietet sich eine Luxuswohnung an der Alster. Wollte wieder ins Kino, in die Kneipe nebenan, ins Theater oder am Hauptbahnhof abhängen. Aber er fühlt sich nicht mehr wohl in “normalen” Domizilen. Er kauft sich ein Hausboot und verdrückt sich in den Freihafen von Hamburg. Hier arbeitet er an einem Projekt, das er die ganzen Jahre schon im Kopf hatte: von seinem großen Vorbild Johnny Cash wollte er die berühmtesten Lieder ins Deutsche übertragen. Im August 2003 macht er sich auf den Weg nach Hendersonville (in der Nähe von Nashville) ins berühmte Cash-Studio The Cabin. Er nimmt die eingedeutschten Songs auf - mit dem Segen des alten Cash, sitzt auf seiner Couch, trinkt aus seinem Becher, spielt auf seiner Martin-Gitarre und hilft dem gebrechlichen Mann die Veranda-Stufen hinauf. Kurz nach den Aufnahmen verläßt der große “Man In Black” diese Welt. Ein Dokument ist entstanden. In Theatern und Musik-Clubs ist Gabriel auf der Bühne und löst sein Versprechen ein: “Cash lebt in seinen Songs weiter, ich werde dabei behilflich sein!”
Zurzeit arbeitet Gabriel an einem neuen Album (Autobahnhelden), welches Ende 2008 erscheinen soll. Das wird dann endlich, nach langer Zeit, profitabel sein. Denn seit Mitte 2008 ist Gunter Gabriel wieder Schuldenfrei. Mit seinen “Wohnzimmerkonzerten” und vielen Auftritten in den letzten beiden Jahren, konnte er einen riesigen Schuldenberg abbauen. Er ist wieder da … und das ist auch gut so!