Der Henrystutzen (eigentlich Henry-Rifle) war eine Weiterentwicklung der Volcanic Pistole durch Benjamin Tyler Henry. Es war 1862 das erste Unterhebel-Repetiergewehr auf dem US-amerikanischen Markt und verfügte über die für die damalige Zeit enorme Magazinkapazität von 16 Schuss.
Geschichte
Volcanic Pistole, der Ursprung des Henry Rifles und der Unterhebelrepetiergewehre Im Jahre 1854 forschten Horace Smith und Daniel B. Wesson (als Firma bekannt unter Smith & Wesson) an einer Munitionsform für ihre Volcanic Pistole. Diese Pistole, die auf dem Prinzip des Unterhebelrepetiergewehrs basierte, verschoss eine Munition, bei der die Treibladung aus Knallquecksilber direkt in einem Hohlraum des Projektils saß. Da diese Art von Munition eine zu geringe Durchschlagskraft und Reichweite besaß, versuchte man mit Hilfe eines Patentes von Louis Flobert, der Flobert-Patrone, einen verbesserten Munitionstyp zu entwickeln.
Nachdem dies gelungen war, konzentrierten sich Smith & Wesson aber weiterhin auf die Produktion von Revolvern und entwickelten mit Rollin White den Smith & Wesson No 1.
Die Entwicklung eines Gewehres überließen sie Benjamin Tyler Henry, der das Prinzip der Volcanic Pistole auf ein Gewehr anwandte und somit im Jahre 1862 das erste voll funktionsfähige Unterhebelrepetiergewehr erfand. Es verschoss Munition im Kaliber .44 Rim Fire (Randfeuerpatronen). Um ein sicheres Zünden der Patronen zu gewährleisten, entwarf Henry einen gegabelten Zündstift; dieser schlug zumindest auf zwei Seiten des Patronenrandes, um so Blindgänger zu vermeiden.
Von den von der New Haven Arms Company produzierten Gewehren wurden im Jahre 1862 (Sommer bis Oktober) 900 Stück hergestellt. Im Jahre 1864 betrug die monatliche Produktion 290. Nachdem etwa 12.800 Henrys hergestellt waren, wurde die Produktion stufenweise umgestellt. Das nachfolgende Gewehr hieß Winchester Mod. 1866. Mit dem Beginn seiner Produktion wurde die New Haven Arms Company in Winchester Repeating Arms Company umbenannt. Vereinzelte Henry-Gewehre tragen Nummern bis 14.000.
Funktion der Waffe
Unter dem Lauf der Waffe befand sich die Magazinröhre; zum Beladen wurde die Magazinfeder in den vorderen Teil der Magazinröhre zusammengeschoben und arretiert. Dann klappte man diesen Teil zur Seite und konnte nun 16 Patronen in die Magazinröhre einsetzen. Danach klappte man die Ladeöffnung zu und gab die Feder frei. Die Waffe war nun bestückt.
Um die Waffe feuerbereit zu machen, zog man den unter dem Systemkasten liegenden Hebel nach vorn und wieder zurück. Durch die Vorbewegung wurde durch einen Mechanismus eine Patrone vom Magazin auf Laufhöhe befördert, gleichzeitig bewegte sich der Bolzen, welcher den Zündstift enthielt, zurück und spannte dabei den außen liegenden Hahn. Bei der Zurückbewegung des Hebels wurde die Patrone vom Bolzen in den Lauf geschoben und dort arretiert. Nun war die Waffe feuerbereit. Nach Betätigen des Abzuges schlug der Hahn auf den Bolzen und dadurch auf den Zündstift; der wiederum schlug auf die Patrone und diese wurde abgefeuert.
Zum Wiederbeladen musste nur noch die Hebelbewegung erneut ausgeführt werden. Mit dem Unterschied, dass nun die verbrauchte Patronenhülse durch einen Haken am Bolzen aus dem Lauf gezogen und von der neuen Patrone aus dem Systemkasten heraus gedrückt wurde. Bei richtiger Bedienung konnten mit dem Gewehr bis zu 28 Schuss pro Minute abgefeuert werden.
Wissenswertes
Der ursprüngliche Preis für ein solches Gewehr betrug damals 42 US-Dollar; anfangs des 21. Jahrhunderts erzielen gut erhaltene Original-Exemplare Sammlerpreise von bis zu 14.000 US-Dollar. Während des Amerikanischen Bürgerkrieges (1861–1865) kaufte die US-Regierung (Nordstaaten) für ihre Truppen 1.831 Henrystutzen; die meisten Henrys wurden jedoch von den Kriegsteilnehmern privat erworben. Diese erhofften sich von ihren Hinterladern mit Magazin einen Vorteil gegenüber den meist mit Vorderladern bewaffneten Konföderierten-Truppen der Südstaaten. Literarisch bekannt wurde der Henrystutzen als Schnellfeuergewehr Old Shatterhands, welches ihm der Schriftsteller Karl May in die Hände legte. Die Beschreibungen Mays (auch der technischen Spezifikationen) legen aber nahe, dass er nie ein Gewehr dieser Bauart gesehen hat. Hier ließ er seiner literarischen Phantasie freien Lauf, z. B. 25 Schuss im Magazin und Feuern ohne nachzuladen. Jedoch war dieses Gewehr zu seiner Zeit außergewöhnlich in Leistung und Schussfolge.